Infos zum Projekt

Tür an Tür

Für das Projekt „Tür an Tür“ haben sich die Volontäre der Mitteldeutschen Zeitung mit der Integration vier Jahre nach der großen Flüchtlingsbewegung von 2015 auseinandergesetzt. Die Nachwuchsjournalisten haben Menschen getroffen, für die Sachsen-Anhalt zu einer neuen Heimat geworden ist. Dabei sind acht Geschichten aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft entstanden. Sie werden jeden Dienstag in der gedruckten Mitteldeutschen Zeitung, als Podcast und in multimedialen Storys auf dieser Projektseite veröffentlicht.

Zahlen und Hintergründe

Die Zahl der Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt ist deutlich gesunken. Während 2015 noch 16 400 Menschen einen Erstantrag stellten, waren es 2018 nur noch 4 280. Von Januar bis April 2019 beantragten hierzulande 1 500 Menschen Asyl. Parallel verlassen immer mehr Geflüchtete das Land: Im Vorjahr wurden 688 Menschen abgeschoben. 2017 waren es 654. Zugleich gibt es aber noch viele Probleme bei der Integration.

Für die Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck (SPD) sind Teilhabechancen für Migranten die wichtigste Voraussetzung für gute Integration. Wer einem Beruf nachgehe und seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten könne, sei eher bereit, sich in die neue Umgebung zu integrieren. Etwa zwei Drittel der Ausländer im Land leben seit weniger als vier Jahren hier. „Die meisten befinden sich noch im Prozess des Ankommens“, sagt Susi Möbbeck.

Ende 2018 lebten in Sachsen-Anhalt 23 527 Syrer. Das ist mit Abstand die häufigste Staatsangehörigkeit bei Asylsuchenden. Der Großteil der Migranten ist muslimisch. Unter ihnen sind vereinzelt auch Islamisten. Sie streben danach, die Demokratie zugunsten einer ihrer Meinung nach von „Gott gewollten“ Ordnung abzuschaffen. Im Vorjahr ist ihre Zahl laut Verfassungsschutz von 200 auf 300 gestiegen. Damit ist der Islamismus im bundesweiten Vergleich hierzulande ein relativ kleines Problem.

Unter den Geflüchteten seien immer wieder auch Menschen, die von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ einer wochenlangen Gehirnwäsche unterzogen wurden, sagt Moawia Al-Hamid, Imam aus Magdeburg. Islamisten versuchten immer wieder, Mitglieder in muslimischen Gemeinden zu werben, sagt er. Mehrfach habe er selbst Verdächtige an den Verfassungsschutz gemeldet. „In jeder Gemeinde gibt es Salafisten. Ob sie die Möglichkeit zum Sprechen bekommen, das ist die Frage.“

Eine wichtige Rolle spielt aber auch die Integration in den Arbeitsmarkt. Im März waren in Sachsen-Anhalt 790 000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt – darunter rund 1 100 Ausländer aus Asylherkunftsländern. Demgegenüber standen 86 000 Arbeitslose – darunter 5 300 Asylsuchende.

Ein weiterer zentraler Aspekt bei der Integration ist Sprache. Die abnehmende Zahl der Asylbewerber macht sich auch bei den Integrationskursen bemerkbar. Während es 2017 noch knapp 6 600 Teilnehmer gab, waren es 2018 nur noch 3 427. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer hat einen Fluchthintergrund. Da die meisten Muttersprachen, die nicht auf dem lateinischen Alphabet beruhen, sprechen, braucht etwa ein Drittel vor dem Integrations- noch einen Alphabetisierungskurs. Auf Bundesebene besteht mehr als die Hälfte die Kurse auf einem hohem Sprachniveau. In den Integrationskursen geht es auch um kulturelle und religiöse Fragen. Straftaten wie sexuelle Übergriffe von Geflüchteten können aus Sicht von Experten auch auf Unterschiede beim Rollenbild von Mann und Frau zurückgeführt werden. Daher fordert der Erziehungswissenschaftler Ahmet Toprak eine intensivere Behandlung der Problematik in den Kursen: „Es sollte weniger Fragen zu Daten und Fakten geben – die kann man nachschlagen“, vielmehr sollte es um Frauenbild, Gepflogenheiten, Traditionen sowie Rechte und Pflichten gehen.